Brombeere im Visier


Dem Managersymbol Blackberry droht der Ausschluss aus wichtigen Märkten in der Golfregion und in Indien. Das email-Telefon Blackberry könnte dort bald verboten werden. Die Behörden geben dafür Sicherheitsbedenken an. Der Grund: Sie haben keinen Zugang auf die per Blackberry versandten Daten.

Von John Dyer, Boston

Lange Zeit ist es das Symbol für vielbeschäftigte Manager gewesen: Das wegen seines Aussehens Blackberry (englisch für Brombeere) genannte email-Telefon erlaubte ihnen die ständige Erreichbarkeit per Telefon wie elektronische Post. Inzwischen muss sich der kanadische Hersteller RIM (Research in Motion) der heftigen Konkurrenz von Apples iPhone erwehren. Doch es kommt noch schlimmer: Gleich mehrere Staaten drohen mit dem Ausschluss der Brombeere von ihren Märkten. Saudi-Arabien droht mit einem Verbot noch in diesem Monat, die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrem Finanzzentrum Dubai im Herbst. Auch Kuwait, Bahrain und Indien sollen über ein Verbot nachdenken.

Gegen Kriminelle und Terroristen

Der Grund: Sicherheitsbedenken. „In ihrer gegenwärtigen Form erlauben einige Blackberry-Dienste ihren Nutzern, ohne jede legale Verantwortlichkeit zu handeln. Das schafft rechtliche, soziale und Sicherheitsprobleme“, sagte Mohammed Al Ghanem, Direktor der Telekomaufsichtsbehörde der Emirate. Die Aufsichtsbehörden müssten in der Lage sein, die Bewegungen von Geschäftsleuten und anderen in den Emiraten zu beaufsichtigen, um Wirtschaftskriminelle und Terroristen zu stoppen. „Das hat nichts mit Zensur zu tun“, fügte er hinzu. Die Entscheidung, die Blackberry-Dienste zu stoppen, sei endgültig. Die Gespräche mit RIM würden aber fortgesetzt.

Ähnlich klingt es aus Saudi-Arabien. Laut Abdulrahman Mazi, einem der führenden Manager von Saudi Telecom, verlangen die saudischen Sicherheitsbehörden, dass RIM ihnen auf Anfrage Informationen ausliefert.

Der Blackberryhersteller selber schweigt. „RIM gibt keine Auskunft über vertrauliche Gespräche mit Regierungen“, heisst es aus Kanada.

Eigenes Netzwerk wird zum Nachteil

Damit wird ein bisheriger Trumpf von RIM zu einem Nachteil: Blackberrygeräte senden ihre Daten über ein eigenes Netzwerk. Damit gelten sie als sicherer als etwa Apple-Geräte, die öffentlich zugängliche Netzwerke nutzen. Doch sie umgehen gleichzeitig Sicherheitsfilter der Regierungen. Und das stösst in Staaten, die mehr Kontrolle kennen als die westliche Welt, sauer auf. Schon 2007 forderten die Vereinigten Arabischen Emirate, dass sie Zugang zu den Daten des Systems erhielten. Bisher ohne Erfolg. In den Emiraten haben eine halbe Million Nutzer ein Blackberrygerät – ganz zu schweigen von den Hunderttausenden Geschäftsreisenden, die jedes Jahr kommen. In Saudi-Arabien wurden bisher 400.000 Geräte verkauft.

Schwellenländer setzen neue Massstäbe

Beobachter sehen im Blackberryverbot ein weiteres Zeichen für den „Kulturkampf“ zwischen westlichen Volkswirtschaften und autoritären Regierungen, wie ihn Google, Youtube und Facebook schon erleben mussten. „Die Angst um die nationale Sicherheit und vor Spionage erreicht nun die Mobiltelefone“, sagt Ron Deibert, Direktor des Citizen Lab an der Universität Toronto, das die Nahtstellen zwischen der digitalen Gesellschaft und der staatlichen Kontrolle untersucht. „RIM wird sich an solche Auseinandersetzungen über politische Fragen und ethische Themen in Schwellenländern gewöhnen müssen.“

Beobachter gehen aber davon aus, dass RIM eine Lösung für das Problem finden wird. Zu viele wichtige Leute – einschliesslich US-Präsident Barack Obama – nutzen Blackberry. „Es wird eine Lösung geben“, sagt denn auch Irfan Ellam von der Al Mal Capital PJSC in Dubai. So haben die indischen Behörden RIM gebeten, einen Server aufzustellen, der die Daten überprüfen soll, die Indiens Grenzen überschreiten. So könnte RIM eine staatliche indische Kontrolle seines gesamten Netzes vermeiden.

Pionier von Apple überholt

RIM erholt sich derzeit von der Wirtschaftskrise. Im zweiten Quartal ist der Umsatz auf 4,2 Milliarden Dollar (3,3 Milliarden Euro/4,4 Milliarden Franken) gestiegen, 25 Prozent mehr als zum Vorjahresquartal. Vor ein paar Monaten feierte RIM den Verkauf seines 100 Millionsten Geräts. Doch der Pionier des emailfähigen Telefons hat immer weniger Grund zu jubeln. Denn der einstige Computerhersteller Apple macht ihm mit seinem iPhone den Rang streitig. Apple verkaufte 8,4 Millionen iPhones allein im vergangenen Quartal – ganz zu schweigen von den Millionen Apple-Computern, iPods und iPads. Blackberry will dem Konkurrenten aus Kalifornien nun mit einem eigenen Gerät Paroli bieten: Für November hat es den „Blackpad“ angekündigt.

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