Besuch vom Großen Bruder


Chinas Präsident Hu Jintao ist zu einem dreitägigen Besuch in den USA. Belastet wird die Visite durch die Forderung amerikanischer Senatoren, China für mutmaßliche Währungsmanipulation zum Nachteil der US-Wirtschaft zu bestrafen. China läuft den USA als Wirtschaftsmacht zunehmend den Rang ab und ist Amerikas größter Gläubiger und militärischer Konkurrent.

Von John Dyer, Boston

Die Tagesordnung für den dreitägigen Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao ist voll gepackt, voller noch als bei anderen Staatsbesuchen. Die viele Veranstaltungen und feierlichen Reden werden jedoch nicht den Blick verstellen können auf eine Veränderung der Machtbalance. China wird wirtschaftlich immer stärker, die USA verlieren an Kraft und Einfluss.

China wächst und wächst

Vor der Wall Street-Krise ab 2008, die Amerikas mittelständische Wirtschaft großenteils zerstörte und in Europa zur Schuldenkrise führte, wurde China als wachsender Riese angesehen, der sich scheute, seine Muskeln spielen zu lassen. Jetzt hat sich das verändert. Die chinesische Wirtschaft wächst stärker als selbst in Beijing erwartet. In der Folge tritt die Staatsführung in der Außen- wie der Wirtschaftspolitik aggressiver auf. Und sie erhöht die Militärausgaben.

„Viele chinesische Analysten sind der Meinung, dass die USA schwächer werden, währen China rascher stärker wird als erwartet“, sagt Professor Aaron Friedberg von der Princeton Universität. „Der Glaube daran hat einen schon mächtigen Nationalismus angeheizt, der sich immer weiter auszudehnen scheint.“

Amerikas größter Gläubiger

Die US-Wirtschaft ist ein Schlüsselfaktor in diesen Veränderungen. Der Handel zwischen den USA und China hat ein Jahresvolumen von 250 Milliarden Dollar. Davon nimmt China 200 Milliarden ein. Und das Land hält ast eine Billion an Amerikas Staatsschuld von insgesamt 14 Billionen. Es ist der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten in der Welt.

Die meisten amerikanischen Experten glauben, die US-Wirtschaft sei immer noch größer als die Chinas. Aber nur wenige glauben, dass sich das Verhältnis nicht innerhalb weniger Jahre umkehren werde. Das angesehene Pew Research Center in Washington hat kürzlich herausgefunden, dass 50 Prozent aller Amerikaner schon heute glauben, China sei die führende Wirtschaftsmacht in der Welt.

Streit um den Yuan

Dieses neue Verhältnis macht es oft schwer, zwischen den USA und China bei Fragen einig zu werden, die meist ohnehin in Washington wichtiger genommen werden als in Beijing. Die Währungspolitik ist ein Beispiel. Vor Hu Jintaos Besuch hat US-Finanzminister Timothy Geithner China erneut aufgefordert, seine Währung Yuan aufzuwerten. China hat kürzlich eine minimale Korrektur nach oben vorgenommen. Geithner verlangt mehr, damit der Yuan der wahren Wirtschaftskraft Chinas entspreche und nicht länger durch zu niedrigen Wert China zu Dumpingpreisen beim Export verhilft.

Im US-Kongress geht man noch weiter. Sowohl Demokraten als auch Republikaner fordern Sanktionen gegen China, wenn es den Yuan nicht auf einen realen Kurs aufwertet.

Zwar würde das der amerikanischen Exportwirtschaft kurzfristig helfen, könnte aber langfristig aus dem hinter den Kulissen schon ablaufenden Kleinkrieg einen ausgemachten Handelskrieg zwischen beiden Nationen nach sich ziehen. Geithner hatte vor der John Hopkins School in Washington gesagt, er erwarte, dass China sich dem Drängen auf eine Anpassung seiner Währung an reale Marktbedingungen nicht länger widersetzen werde. „Wir glauben dass, denn die Alternative wäre zu kostspielig, sowohl für China als auch für Chinas Beziehungen zum Rest der Welt.“

Weit entfernt von Vertrauen

Die Währung ist nur eines der Streitthemen. China hat sich den Versuchen von USA und Europa widersetzt, Nordkorea und den Iran zu isolieren. Auch hat China seine Militärausgaben erhöht, Raketen entwickelt, die amerikanische Einrichtungen erreichen können und beim Besuch von US-Verteidigungsminister Robert Gates einen eigenen Tarnkappenbomber vorgestellt – was in den USA als Säbelrasseln verstanden wurde.

Auch Präsident Barack Obama hat China provoziert. So besuchte er auf einer Asienreise Indien, Indonesien, Südkorea und Japan, nicht aber China. In Beijing sprach man daraufhin vom Versuch der USA, China einzukesseln.

Strittiges Thema ist auch die Menschenrechtsfrage. Tommy Vietor, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, sagte, Präsident Obama werde das Schicksal von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo gegenüber Jintao ansprechen. Man sei „unnachgiebig und direkt“ wenn es um die Menschenrechte gehe, so Vietor.

Uneins sind sich Washington und Beijing auch in der Klimapolitik. Beide haben zwar Kooperation vereinbart. Geschehen aber sei nichts, sagt David Shambaugh von der George Washington Universität in Washington. „Bei Treffen auf höchster Ebene versprechen sie Zusammenarbeit bei sauberer Energie. Tatsächlich aber steuern sie in der Energiefrage auf einen Konflikt zu. In den USA gibt es immer mehr Unmut darüber, dass China die Jobs im, Bereich erneuerbarer Energien wegnimmt.“

Der Gipfel werde etwas der notwendigen Stabilität in den Beziehungen bringen. „Aber es ist ein weiter Weg zum Aufbau strategischen gegenseitigen Vertrauens.“

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